Spanische Krankenversicherung für Rentner: Der Zugang
Wenn Sie Rentner in einem EU oder EWR-Land sind und vorhaben, sich in Spanien länger aufzuhalten oder gänzlich dort zu leben, ist die öffentliche spanische Krankenversicherung (“Seguridad Social”) sicherlich ein sehr wichtiges Thema für Sie.
Vor allem wird Sie interessieren, wo Sie weiterhin versichert sind und wann bzw. wie Sie Zugang zu den Leistungen der öffentlichen Gesundheitsversorgung in Spanien haben.
Die Schritte, die erforderlich sind, um die medizinische Versorgung über das spanische Gesundheitssystem zu erhalten, können Sie nun hier nachlesen.
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Wie kann ich die Gesundheitsleistungen in Spanien nutzen?
Die spanische öffentliche Gesundheitsfürsorge (“asistencia sanitaria”) besteht aus den medizinischen und den pharmazeutischen Leistungen, die geeignet sind, die Gesundheit und die Arbeitstauglichkeit der begünstigten Personen aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.
Wie Sie Zugang zu den Leistungen der gesetzlichen spanischen Krankenversicherung erhalten, hängt von der Aufenthaltsdauer in Spanien ab:
- Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Spanien(wegen Urlaub, Arbeit, Studium):
- Zugang mit der Europäische Krankenversicherungskarte ( EHIC ).
- Mit dieser Karte können Sie jedoch nur kostenlos ärztliche Leistungen vom spanischen Gesundheitsdienst oder vom staatlichen Krankenhaus in Anspruch nehmen, welche aus medizinischer Sicht notwendig sind. Siehe dazu meinen Fachbeitrag Wie erhalte ich die Europäische Krankenversicherungskarte?
- Zugang mit der Europäische Krankenversicherungskarte ( EHIC ).
- Bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien:
- Zugang mit der spanischen Krankenversicherungskarte (“Tarjeta sanitaria”).
- Mit dieser Karte haben Sie uneingeschränkten Zugang zu allen öffentlichen Gesundheitsleistungen in Spanien. (siehe dazu meinen Fachbeitrag Die Gesundheitsleitungen in Spanien, Kosten u. Rechte)
- Zugang mit der spanischen Krankenversicherungskarte (“Tarjeta sanitaria”).
Außerhalb des staatlichen Gesundheitssystems können Sie auch eine private Krankenversicherung abschließen oder sich bei der speziellen staatlichen Krankenversicherung (“Convenio especial para la prestación de asistencia sanitaria”) unter bestimmten Bedingungen freiwillig versichern.
In Spanien gibt es viele private Ärzte und Kliniken, die auch mit einigen Privatversicherungen zusammenarbeiten.
Mit ASSSA finden Sie Ihre geeignete private Krankenversicherung in Spanien.
Sie ist speziell für Residencia Anträge geeignet.
Welches Land ist verantwortlich für meine Krankenversicherung?
Welches Land für Ihren Krankenversicherungsschutz zuständig ist (dh. in welchem Mitgliedsstaat Sie gesetzlich versichert sind und Sie Ihre Beiträge zahlen), hängt in der EU nicht von Ihrer Staatsangehörigkeit, sondern grundsätzlich von von 2 Faktoren ab:
- der Arbeitssituation (Arbeiter, Rentner, arbeitslos, usw.)
- der Wohnsituation
Sie können nicht wählen, welches Land Ihre Leistungen zahlt.
Sie genießen Sozialversicherungsschutz grundsätzlich entweder über Ihr Herkunftsland oder über Spanien.
Rechtsgrundlage für Krankenversicherungsleistungen innerhalb der EU sind die EU-Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Diese Verordnung ist auf Bürger der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) , der Schweiz und des Vereinigten Königreiches anzuwenden. Wenn ich daher von der EU sprechen, beziehe ich mich auf diese Länder.
Leben in Spanien als Rentner aus einem EU-Land
Wenn Sie als Rentner Ihren gewöhnliche Aufenthalt nach Spanien verlegen, ist für den Krankenversicherungsschutz entscheidend, woher Ihre Rente kommt, bzw. wo Sie gesetzlich krankenversichert sind:
- Wenn Sie eine spanische Rente beziehen, sind Sie und Ihre Familienangehörigen durch das spanische Krankenversicherungssystem gedeckt – selbst wenn Sie auch Rentenzahlungen aus anderen Ländern erhalten.
- Wenn Sie keine Rente und keine anderen Einkünfte in Spanien erhalten, und Sie beziehen eine Rente aus einem Land der EU bleibt der Versicherungsschutz in dem Land, woher die Rente kommt und Sie bezahlen weiterhin Ihre Beiträge dort. Sie und Ihre Familienmitglieder haben aber Anspruch auf medizinische Behandlung in Spanien, auf Kosten des Landes, wo Sie versichert sind.
Um diesen Anspruch bei der spanischen Krankenversicherung geltend zu machen, brauchen Sie das S1-Formular (früher 106, E 109 und E 121 – wird von einigen Trägern immer noch ausgestellt).
Das Dokument S-1 bescheinigt das Recht des Inhabers, in Spanien auf Kosten des versichernden Staates Leistungen der Gesundheitsfürsorge zu erhalten, und zwar zu denselben Bedingungen wie die nach spanischem Recht in Spanien Versicherten.
Grundsätzlich haben Sie und Ihre Familienmitglieder nur in dem Land uneingeschränkten Anspruch auf medizinische Versorgung, in dem Sie leben (hier in Spanien). Doch im Fall von einigen EU-Ländern, wie z.B. Deutschland, Österreich und Schweiz, haben Sie sowohl in dem Land, das Ihre Rente zahlt, als auch in Spanien (wo Sie Sie jetzt leben), Anspruch auf medizinische Behandlung (vorausgesetzt dass Sie keine spanische Rente beziehen).
Sie verlieren nicht den Versicherungsstatus durch die Verlegung des Wohnsitzes in ein anderes EU-Land. Eine Anmeldung bei der spanischen Krankenversicherung hat somit keine Nachteile.
Reisen Sie von Spanien aus in ein anderes EU-Land, müssen Sie die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) bei Ihrer Krankenkasse im Herkunftsland beantragen, die für Ihren Krankenschutz im europäischen Ausland zuständig ist. Die spanische Sozialversicherung wäre hinsichtlich der Ausstellung der EHIC nicht die zuständige Anlaufstelle.
Wann habe ich Anspruch auf die Leistungen der spanischen Krankenversicherung?
Als Bürger der EU, des EWR und der Schweiz haben Sie kostenlosen Zugang zu den Leistungen der öffentlich finanzierte Gesundheitsversorgung in Spanien, wenn Sie
- einen legalen und gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien nachweisen können. Art.3 Real Decreto-ley 7/2018
Grundvoraussetzung für den Zugang zu staatlichen Gesundheitsleistungen ist daher für alle EU-Bürger, die
sich länger als drei Monate in Spanien aufhalten, die Registrierung im Ausländerregister. Auch bekannt als Residencia („Certificado de Registro de Ciudadano de la Union Europea“). Wie Sie die als EU-Bürger die Residencia in Spanien beantragen, erfahren Sie in meinem Fachbeitrag.
Ferner müssen Sie Ihren Wohnsitz bei der örtlichen Gemeinde anmelden. Mit der sog. „empadronamiento“, eröffnet sich Ihnen dann der Zugang zum spanischen Gesundheitssystem.
Wie erhalte ich Zugang zu den staatlichen Gesundheitsleistungen in Spanien?
Wie bereits oben erwähnt, brauchen Sie als Rentner zuerst das S1-Formular, das Ihnen vom zuständigen Krankenversicherungsträger im Herkunftsland ausgestellt wird.
Dieses Formular muss dann beim spanischen Gesundheitssystem (“Sistema Nacional de Salud”) registriert werden, um das Recht auf Gesundheitsfürsorge zu erhalten.
Mit diesem Recht können Sie die spanische Krankenversicherungskarte (“tarjeta sanitaria”) beantragen.
Mit der “tarjeta sanitaria” haben Sie dann Zugang zu den öffentlichen Gesundheitsleistungen in Spanien.
Wie sehen nun die erforderlichen Schritte in Spanien im Detail aus:
1. Schritt: Anerkennung des Rechts auf öffentliche Gesundheitsfürsorge durch die INSS
Zuerst müssen Sie Recht auf öffentliche Gesundheitsvorsorge in Spanien durch die nationale Sozialversicherungsanstalt („Instituto Nacional de la Seguridad Social – INSS) anerkennen lassen.
Dafür müssen Sie das S1-Formular registrieren lassen.
Wie lasse ich das S1-Formular registrieren?
Sie haben diesbezüglich 2 Möglichkeiten:
- Persönlich: Sie legen dieses Formular bei irgendeinem Kunden- oder Informationszentrum der spanischen Sozialversicherung (“centro de atención e información de la Seguridad Social” -CAISS) Ihres Wohnsitzes vor.
Es ist eine Terminvereinbarung (“cita previa”) erforderlich , die Sie online auf der Website der Seguridad Social “Cita previa para pensiones y otras prestaciones( INSS)” durchführen können.
- Online: Sie können die Eintragung des S1-Formluars auf der Website der Seguridad Social elektronisch beantragen, unter der Rubrik: “Asegurados en el extranjero. Solicitar el registro del documento S-1 para cobertura de asistencia sanitaria en España”
Welche Unterlagen sind erforderlich?
- S1 Formular
- Reisepass/Personalausweis
- Meldebescheinigung der Gemeinde (“volante de empadronamiento”), grundsätzlich nicht älter als 3 Monate
- NIE/Residencia („Certificado de Registro de Ciudadano de la Union Europea“) oder
- Tarjeta de identidad de extranjero (TIE)
Wie lange dauert die Bearbeitung und was wird ausgestellt?
Spätestens nach 30 Tagen sollten Sie ein Dokument erhalten, das Ihnen das Recht auf die Gesundheitsfürsorge in Spanien bescheinigt und Ihre spanische Sozialversicherungsnummer enthält.
Mit diesem Dokument “Documento acreditativo del derecho a la asistencia sanitaria (Normativa International)” gehen Sie dann zum zuständigen Gesundheitszentrum (“centro de salud”), um die spanische Krankenversicherungskarte (“tarjeta sanitaria”) zu beantragen.
2. Schritt: Beantragen der “Tarjeta sanitaria”
Die Verwaltung und Bereitstellung der öffentlichen Gesundheitsleistungen in Spanien obliegt den autonomen Gemeinschaften (“comunidades autónomas”). Die Voraussetzungen und Bestimmungen hinsichtlich der Beantragung der Gesundheitskarte können daher von einander abweichen.
Sie beantragen diese Karte in einem Zentrum der ärztlichen Grundversorgung (“centro de salud”), das Ihrem Wohnort am nächsten ist.
Weitere Informationen zur spanischen Gesundheitskarte erhalten Sie in meinem Fachbeitrag Alles Wichtige zur SIP Karte in Spanien!
Wie erhalte ich eine medizinische Behandlung in Spanien?
Die medizinische Betreuung in Spanien erfolgt durch die Gesundheitszentren bzw. Arztpraxen, die Krankenhäuser und die Zentren von Fachärzten.
In den Gesundheitszentren (“centros de salud”) bzw. Artpraxen (“consultorios”) findet die medizinische Grundversorgung (“atención primaria”) statt. Dort befinden sich die Allgemeinmediziner (“médicos de familia”), Kinderärzte (“pediatras”) und die Krankenschwestern (“enfermerías”).
Wenn Sie eine medizinische Behandlung brauchen, müssen Sie vorher einen Termin mit dem Hausarzt vereinbaren, der Ihnen zugewiesen wurde. Die Terminvereinbarung erfolgt über das Gesundheitszentrum entweder persönlich vor Ort, via Telefon oder online (in Andalusien via ClicSalud+ oder der App de Salud Responde).
Der Allgemeinmediziner (Ihr Hausarzt) überweist Sie dann, falls er es für erforderlich hält, an einen Spezialisten oder ein Krankenhaus. Für die Untersuchung durch einen Facharzt ist die Überweisung durch einen Arzt der Grundversorgung notwendig. Sie können sich nicht direkt an einen Spezialisten wenden.
In Notfällen können Sie direkt (ohne Termin) die Notaufnahme (“urgencia”) in einem Gesundheitszentrum oder Krankenhaus in Anspruch nehmen.
Die gesetzliche spanische Krankenversicherung oder private Krankenversicherung?
Welche bevorzugen Sie? Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich in Spanien gemacht?
Sehr geehrter Herr Mag Wilhelm,
in vorgenannten Korrespondenzen sind alle begeistert von Ihren Erklärungen. Dem möchte ich mich unbedingt anschließen. DASS sind doch wirklich mal verständliche Beiträge die einen durch den Dschungel führen. PREMIUM EXTRAKLASSE!!! DANKE!
Nun aber eine konkrete Nachfrage: gesetzliche Versicherte bekommen das S1 Formular, damit kann man dann Ihre aufgezeigten Schritte gehen. Privatversicherte bekommen dieses Formular nicht, bestenfalls eine Bescheinigung des Versicherers über den bestehenden Krankenversicherungsvertrag. Wie gehe ich dann damit um im Verfahren bei der Beantragung beim INSS, speziell auf der Website die Sie angeben?
Danke für hilfreiche Info’s
Sehr geehrter Herr Ralf Wienstroeer. Vielen herzlichen Dank für die wertschätzende Rückmeldung. Freut mich sehr. Das beschriebene Verfahren gilt nur für gesetzlich Versicherte. Privat Versicherte haben keinen Anspruch auf die öffentliche Gesundheitsfürsorge in Spanien. LG